Freundliches Belegexemplar

Heute fand ich das Belegexemplar von »Tage von Morgen« im Briefkasten. In Geschenkpapier verpackt und mit einem kleinen Dankeschön des Verlages. Das ist bislang die freundlichste Art eines Verlages gewesen, ein Belegexemplar zu überreichen.

Tage von Morgen – Iteration 1

Plakat der Anthologiereihe "Tage von morgen." Auf der rechten Seite ein Stern, auf der rechten Seite ein futuristischer Frauenkopf, beide umgeben von rötlichem Licht. Unter beiden Moriven die Namen der teilnehmenden AutorInnen.

Heute ist der Verkaufsstart von »Tage von Morgen«. Zwei Bände mit insgesamt vierzig Geschichten und jeweils über 400 Seiten. Ich habe selber noch keinen Blick hinein geworfen, da die Belegexemplare erst die nächsten Tage eintreffen werden, bin aber schon sehr gespannt. Bei Durchsicht der Namen der Teilnehmenden fällt auf, dass es sich hierbei größtenteils nicht um die üblichen Verdächtigen der kleinen deutschen SF-Szene handelt. Etwas weniger Stallgeruch also, dafür mehr Abwechslung.

Beschränktes Engagement

Der engagierte Schriftsteller. Das Feuilleton mochte ihn, und sei es nur, um auf ihn herumhacken zu können. Lange Zeit galt das politisch-gesellschaftliche Engagement für AutorInnen als geradezu zwingend, um als ernsthafter Vertreter der sogenannten Hochliteratur zu gelten.

Vor Kurzem hatte ich durch Zufall ein Gespräch mit jemandem, der AutorInnen beruflich berät. So etwas gibt es wirklich. Jedenfalls sagte er mir, dass das Ganze schwierig wäre und er Autorinnen und Autoren immer raten würde, die Finger von heiklen Themen wie Politik zu lassen. Man sollte sich an den Regeln für guten Small Talk orientieren. Der Grund war einfach: Vermeide das Anecken. Wenn du Position beziehst, könnten sich LeserInnen abgeschreckt fühlen, die anderer Meinung sind. Also riet er zur Teflonmethode.

Bei mir trat vor fünfundzwanzig Jahren diesbezüglich eine ziemliche Ermüdungserscheinung auf, nach Abschluss des Studiums und all der Lektüre der hyperengagierten Autoren wie Camus oder Sartre. Zumal ich viel Zeitung las und dadurch auch häufig Peinliches von AutorInnen zu lesen bekam. Und als Günter Grass starb, sprach man gar vom Ende einer Epoche. Der politische engagierte Schriftsteller habe ausgedient, vermeldeten die Journalisten nicht ohne eine gewisse Genugtuung.

Aber wenn man in dieser Welt als Autor lebt, drängen sich Themen früher oder später von selbst auf. Man sucht sich die Themen nicht aus, sondern es kristallisiert sich nach und nach heraus, was einen umtreibt. Und das hat wiederum Auswirkungen auf das, was ich niederschreibe. So merkte ich auf einmal, dass sich Umweltthemen in meine Geschichten eingeschlichen hatten, bevor es mir so richtig bewusst geworden war, wie stark mich der Bereich beschäftigte. Mit »Der Komplex« war auf einmal das Thema der modernen Arbeitswelt da, wie uns das alles formt und auch deformiert, ohne dass ich mich vorher hingesetzt und vorgenommen hätte, dieses Thema darzustellen. Mit »Der Lufthändler« das Thema der Umwelt. Aber es ist eine Sache, diese Themen in seinem belletristischen Werk zu verarbeiten oder theoretische Texte darüber zu verfassen.

Doch so ganz ohne engagierte AutorInnen geht es auf Dauer wohl nicht. Mittlerweile gibt es NachfolgerInnen von Grass und Co., die sich zu allen möglichen Themen in den einschlägigen Publikationen äußern. Auch wenn sich der Stil gewandelt hat, bleibt man seiner Rolle treu. Aber man sucht sich die Themen gut aus und sieht zu, sich nicht die Finger zu verbrennen. Manche Themen sind gerne auf der Tagesordnung, von anderen Themen nimmt man lieber Abstand. Es ist sozusagen ein beschränktes Engagement. Man steht auf, wenn man gerufen wird, und setzt sich wieder hin, wenn das Handzeichen kommt. »Vielen Dank! Setzen! Weiter im Programm!«

Tage von Morgen

Das Cover zeigt eine digitaliserte Frauengestalt vor einem technsichen Hintergrund.

Ich freue mich, mit meiner Erzählung »Der Lufthändler« in der Anthologiereihe »Tage von Morgen« des noch recht jungen WaterProofCoast Verlag vertreten zu sein. Zwei Bücher mit jeweils über 400 Seiten, in denen eine bunte Palette von Zukunftsvisionen versammelt sind. Die Zusammenarbeit mit dem Verlag, der neben Bücher auch Computerspiele vertreibt, war ausgesprochen angenehm und ich wünsche ihm viel Erfolg für die Zukunft.

Erhältlich sind die beiden Bücher der Science-Fiction-Anthologie ab dem 18.03.2024.

Carcosa

Buchcover des Carcosa-Verlags von Ursula Le Guin, Samuel R. Delany und Leigh Brackett

Mit Carcosa hat ein weiterer deutscher Kleinverlag die Bühne der SF und Phantastik betreten, der von Urgestein Hannes Riffel gegründet wurde.

Die ersten drei Bücher von Carcosa sind im letzten Monat bei mir eingetroffen. »Das lange Morgen« von Leigh Brackett, »Babel 17« von Samuel R. Delany und »Immer nach Hause« von Ursula K. Le Guin.

Besonderes Highlight für mich sind die schönen Covergestaltungen von benSwerk, woher schon seit Jahren bemerkenswerte Buchdesigns kommen.

Neben dem lesenswerten »Das lange Morgen« hat mich vor allem »Babel 17« beeindruckt. Ich habe selten eine solche Dichte an abgefahrenen (auch technischen) Ideen gelesen, umso erstaunlicher, dass die Erstausgabe des Romans aus dem Jahr 1966 stammt. Also noch auf einer Schreibmaschine getippt wurde. 1994 hat Delany den Roman noch einmal überarbeitet. Für mich eine wundervolle Gelegenheit, mich endlich einmal mit dem Werk Delanys vertraut zu machen, der schon lange auf meiner Leseliste steht.

Bullshit Jobs oder das Irrationale im Kapitalismus

Seit vielen Jahren kann ich morgens vom Fenster aus ein merkwürdiges Phänomen beobachten. Große Wagen mit allerlei motorisiertem Gartengerät auf der Ladefläche fahren in unser Viertel, Männer strömen aus und gehen ihren Beschäftigungen nach. Was auf den ersten Blick nicht ungewöhnlich erscheint, ist auf den zweiten Blick erstaunlich, widerspricht es doch all dem, was man allgemein mit unserem Kapitalismus in Verbindung bringt.

Mein Vater, der als Handwerker kurz nach der Wende auf einer Baustelle tätig war, kam eines Morgens zur Arbeit und die neuen Arbeiter aus dem Osten saßen im Bauwagen. Auf die Frage, was los sei, antworten sie, sie hätten kein Material. Ob sie auf die Idee gekommen wären, das Material zu bestellen? Nein, waren sie nicht. Sie kannten es nicht anders.

Solche Geschichten hört man häufig, wenn es um den Sozialismus und die Planwirtschaft geht. Der Kapitalismus kennt so etwas nicht, heißt es dann gerne. Hier sorgt das freie Spiel der Kräfte dafür, dass sich so etwas selbst bereinigt. Unser Wirtschaftssystem sei zutiefst rational und Angebot und Nachfrage würden ein natürliches Gleichgewicht erhalten. Dieser Ansicht nach müssten sich überflüssige Jobs und Tätigkeiten in der freien Wirtschaft von selbst erledigen.

Vor einigen Jahren publizierte David Graeber ein enorm erfolgreiches Sachbuch mit dem Titel »Bullshit Jobs«. Es geht dabei um Berufe, die keinerlei Sinn haben, die aber trotzdem in großer Menge vorhanden sind. Viele davon, nicht nur im öffentlichen Dienst, sondern gerade auch in der freien Wirtschaft, sind dazu noch recht ordentlich bezahlt. Die provokante These des Buches lautet: Umso schädlicher ein Job für die Gesellschaft ist, umso besser wird er in der Regel entlohnt. Umgekehrt sind es gerade die für die Gemeinschaft nützlichen Jobs, die schlecht bezahlt werden.

Ich erinnere mich noch an die Siedlung meiner Eltern, in der ich aufgewachsen bin. Dort gab es einen fest angestellten Hausmeister, einen großen strengen Mann mit einem Calvinistenbart, der sich um alles kümmerte. Einmal im Monat kam er mit seinem Rasenmähertrecker und alle sechs Monate wurden die Hecken geschnitten. Nebenher kümmerte er sich noch um Installationsprobleme im Haus und kleinere Reparaturarbeiten. Es waren die späten 70er-Jahre, er war direkt bei der Hausverwaltung angestellt und blieb in seiner Tätigkeit bis zur Rente.

Wie sieht es heute aus? Bei uns im Viertel gibt es eine Handvoll Hausverwaltungen, die alle eine eigene externe Firma mit der Pflege der Grünanlagen beauftragt haben. Was damals ein Mann geschafft hat, dafür gibt es bei uns nun mehr als zehn Mitarbeiter eines halben Dutzends Firmen, die fast täglich und das ganze Jahr über mit schwerem Gartengerät anrücken. Und immer noch wundere ich mich darüber, dass niemandem auffällt, dass diese Menschen eigentlich kaum etwas zu tun haben. Es sind einfach zu viele Hilfsgärtner, die zu häufig kommen. So schnell wächst weder Gras noch Hecke. Irgendjemand muss das doch bezahlen, denke ich mir, und dem müsste daran gelegen sein, die Arbeitsstunden der beauftragten Firmen möglichst gering zu halten. Aber es geht alles seit Jahren seinen Weg. Was bleibt, ist der tägliche stundenlange Lärm, der wie eine Smogwolke über unserem Viertel hängt, Luftverschmutzung und Ressourcenverschwendung.

Ein alter Werbeslogan einer Baumarktkette lautete: »Es gibt immer was zu tun!« Und vielleicht geht es häufig gerade darum. Während einige Bereiche, insbesondere im Dienstleistungssektor, unter Arbeitsverdichtung leiden und immer mehr Überstunden aus den Beschäftigten herausgepresst werden, erhalten sich andere Bereiche ihre Arbeit selbst. Es kommt hier nicht mehr darauf an, etwas fertig zu bekommen, sondern beschäftigt zu sein. Der Laubbläser ist ein schönes Symbol für diesen Zustand der Irrationalität. Er suggeriert Betriebsamkeit, schädigt die Umwelt, ist laut und bringt nichts, außer den Staub von links nach rechts zu pusten. Dafür kann man es täglich und das ganze Jahr über tun. Aber wären diese Menschen an anderer Stelle nicht besser aufgehoben als in Form einer kapitalistischen Arbeitsbeschaffungsmaßnahme? Am Rheinufer haben wir Probleme mit invasiven Pflanzenarten und Plastikmüll. Hier wäre viel zu tun und die Arbeit hätte einen Sinn für Mensch und Natur. Aber vermutlich bezahlt das keiner.

Raub / Kopie

Vor einiger Zeit stolperte ich zufällig im Internet über eine Seite, auf der eBooks zum illegalen Download angeboten wurde. Und das Überraschende war: Eine ganze Rubrik war nur meinen Werken gewidmet. Ich hatte eine eigene Seite! Sogar einige meiner Mini-eBooks für 99 Cent waren darunter. Die Einsteller meiner Werke schienen von ihrer Qualität durchaus angetan zu sein und hatten sich auch einige Mühe gemacht, die technischen Hürden zu überwinden, die manche Anbieter vorschreiben. Die Leserschaft bedankte sich für den kostenlosen Download und alle waren zufrieden.

Als Schüler besaß ich keine Hi-Fi-Anlage. Ich musste mich als Einziger in der Klasse mit einem kleinen Kassettenrekorder begnügen, einem schmalen, grauen Gerät von Grundig auf meiner Fensterbank, dem ich täglich andächtig lauschte. Mein bester Freund hingegen besaß eine komplette Hi-Fi-Anlage von Onkyo. Noch immer denke ich, wenn ich den Markennamen irgendwo lese, an diese Anlage zurück, vor der wir so viele Stunden verbrachten. Sobald wir die neue Platte durchgehört hatte, überspielte mein Freund sie auf Kassette, die ich dann wie ein Heiligtum nach Hause trug, wo ich sie wochenlang am Stück laufen ließ. Ohne dass es mir bewusst war, hielt ich auch eine Form von Raubkopie in den Händen.

Als ich endlich die Schule hinter mich gebracht hatte und ein einjähriges Praktikum begann, kaufte ich mir vom ersten Geld einen CD-Player. Sehr zum Unwillen meiner Mutter, die CDs für Geldverschwendung hielt. Ich setzte mir den brandneuen Kopfhörer auf und hörte meine beiden ersten CDs in atemberaubender Qualität. Ich wurde ein eifriger Käufer und besuchte den städtischen Musikladen mindestens einmal die Woche. Erst vor wenigen Jahren habe ich meine ganzen CDs archiviert und meiner Musiksammlung auf dem Rechner hinzugefügt. Musik kaufe ich nun als Download und höre sie über Aktivboxen von Nubert.

Bei meinen eBooks verzichte ich bei Möglichkeit auf den Kopierschutz. Weil ich damit nur den ehrlichen Kundinnen und Kunden das Leben schwer mache. Und vielleicht auch vergraule. Und die anderen werden immer einen Weg finden, den Kopierschutz zu umgehen. In dieser Hinsicht betrachte ich die raubkopierten eBooks als kostenlose Werbung.

Komplexitäten, bitte?

Das Leben mag komplex sein, banale Alltagssachen sollten es nicht sein. Zumindest dort, wo es möglich ist. Nach vielen Jahren mit komplexen Schreibprogrammen bin ich mittlerweile bei einem simplen Markdowneditor angelangt und erstelle meine Texte mit Ghostwriter. Es war so etwas wie Liebe auf den ersten Blick. Schlichte md.- oder txt.-Dateien, die sich mit vielen handelsüblichen Programmen öffnen lassen und selbst bei 900-Seiten-Romanen noch angenehm klein sind, eine elegante, aufgeräumte Oberfläche, eine hervorragende Suchfunktion und – vor allem – eine schön integrierte Zeit- und Wortstatistik ohne Schnickschnack. Eine Empfehlung für alle AutorInnen, die mit Linux unterwegs sind.

Zum Überarbeiten der Texte greife ich auf Papyrus Autor am Mac zurück. Da es aber Verbindungsprobleme mit dem Wlan gibt, kann ich das Programm häufig nicht starten (Habe ich schon erwähnt, dass ich Lan-Kabel liebe?). Einfach aus dem Grund, dass ich es vier Wochen nicht benutzt habe und das Programm bei jedem Start eine kurze Onlineprüfung durchführt, ob ich der rechtmäßige Nutzer bin. Kann man gerade nicht online sein, lässt sich das Programm nach spätestens vier Wochen nicht mehr starten. Obwohl man das Programm gekauft und den Lizenzschlüssel ordnungsgemäß auf dem Rechner eingerichtet hat.

Statt also am Exposee für meinen Roman zu arbeiten, beschäftige ich mich mit technischen Fragen. Das mag nur ein kleines Problem von vielen sein, aber möchte man einfach nur seine Arbeit erledigen, sollen einen die Werkzeuge helfen und nicht im Weg stehen. Und kleine Probleme summieren sich gerne auf. Am nächsten Tag benutzte ich ein anderes Programm zum Öffnen des Exposees und stellte es fertig. Papyrus Autor verlangt immer noch eine Internetverbindung. Irgendwann werde ich den Mac Mini abbauen und im Wohnzimmer ans Lan-Kabel hängen. Dann kann ich auch mit Papyrus wieder arbeiten. Zumindest die nächsten vier Wochen.